Entgegen den Vorhersagen des Wetterberichtes blieb an diesem Tag der Regen aus und zwischendurch lachte sogar die Sonne durch die Wolken in die Gesichter der Landsberger Seniorinnen. Ideale Wetterverhältnisse also, um die Steinzeitsiedlung in Pestenacker zu erkunden.
Für diesen Ausflug hatten sich zehn Seniorinnen angemeldet. Die Seniorinnen wurden begleitet von Frau Keppeler, die den Bus organisiert hatte, und drei Seniorenbeiräten. Der Bus sammelte die
Teilnehmer an den verabredeten Treffpunkten pünktlich ein und kam kurz vor 10 Uhr am Steinzeitdorf an. Dort wurde die Gruppe bereits von der Archäologin Lejla Hasukic‘ erwartet. Frau Hasukic‘ ist
die Leiterin des Steinzeitdorfes und für den weiteren Ausbau der Dauerausstellung im Besucherpavillon verantwortlich.
Es war, wie es ja so oft bei der Entdeckung von Bodenschätzen ist, dem Zufall geschuldet, dass und wie die Siedlung entdeckt wurde. Die Gemeinde Pestenacker entschloss sich 1934 den Loosbach oder
die Friedberger Ach zu begradigen. Bei den Bauarbeiten stießen die Bauarbeiter auf Artefakte. Damals wurde der Fund als ehemaliges Floss interpretiert und nicht weiter beachtet. Erst ab 1988
begann man mit der Freilegung der Feuchtbodensiedlung. Über die dabei gefundenen Keramiken konnte die Siedlung der jungsteinzeitlichen Altheimer Gruppe zugeordnet werden. Ab 1993 begannen
Arbeiten die Siedlung nachzuempfinden und als Freilichtmuseum der Bevölkerung zugänglich zu machen. Seit 2011 gehört das Steinzeitdorf zum UNESCO-Weltkulturerbe „Prähistorische Pfahlbauten um die
Alpen“.
Die Seniorinnen wurden durch das Freilichtmuseum geführt. Dabei erläuterte die Archäologin, dass die Erhaltungsbedingungen im sauerstoffarmen Niedermoorboden es ermöglichte eine über einen Meter starke Kulturschicht nachzuweisen. Mit der Konservierung von Pflanzenresten, Fasern und Schlachtabfällen kann man die Ernährungs- und Bekleidungsgewohnheiten der damaligen Siedler sehr gut rekonstruieren. Über den Fund von Wandstümpfen und verdichtetem Lehm, der als Fußboden interpretiert wird, ist ein Nachbau der Wohnhäuser möglich. In naher Zukunft sollen weitere Siedlungshäuser im Freilustmuseum errichtet werden.
Interessant war der Vortag am nachempfundenen steinzeitlichen „Backofen“. Hier berichtete Frau Hasukic‘ wie damals, als auch noch heute, Brot gebacken wurde. Das löste bei den Besucherinnen großes Interesse aus. Die Hefe für den Teig kann von eingelegten Beeren, das Mehl von Emmer oder Einkorn gewonnen werden. Am Ende des Backprozesse hat man dann ein Fladenbrot, dem Schüttbrot nicht unähnlich.
An den Bienenstöcken und der Honiggewinnung ging die Führung weiter in den Garten der Siedlung. Der Garten ist ein eignes Projekt. Dort wird nur angebaut was in den Kulturschichten nachweisbar ist. Im Besucherpavillon gibt es Werkzeuge, Waffen, Keramiken und Geflechte nach den Vorbildern der Jungsteinzeit zu entdecken. An einem vertikalen Ausstich, der im Pavillon konserviert ist, sind die verschiedenen Bodenschichten der Siedlung, auch der Brand der Siedlung und deren Wiederaufbau, für das geschulte Auge ablesbar.
Frau Hasukic‘ erklärte zur Überraschung aller, dass das Dorf dendroarchäologisch bis in das Jahr 3496 v. Chr. zurückverfolgt werden kann. Im Museum erklärte sie die Methodik der Dentrochronologie, also des Auslesens von Wachstumsringen von Bäumen verschiedener Epochen. Als Methodik der Bodenuntersuchung wurde der Gruppe auch das Prinzip des Bodenradars kurz erläutert.
Neben den strengen wissenschaftlichen Arbeiten, die vor Ort stattfinden, soll die Siedlung aber auch ein Steinzeitdorf zum „anfassen“ sein. Dazu werden Mitmachprogramme für Schulklassen, aber
auch für Familien, immer wieder erarbeitet und angeboten.
„Kommen Sie mit Ihren Enkeln und machen Sie mit“, verabschiedete sich Frau Hasukic‘ von der Gruppe, die sich nun auf den Weg zum Mittagstisch machte. In Gasthaus Probst, in Weil, warteten schon
liebevolle eingedeckte Tische auf die hungrigen Entdecker der prähistorischen Siedlung Pestenacker. Beim Mittagstisch wurde angeregt über den Ausflug, aber auch über tagesaktuelle Themen
gesprochen.
Wieder in Landsberg angekommen verabschiedete der Seniorenbeirat Kurt Wacker, der den Ausflug organisiert hatte, die Senioren: „Kommen Sie gut nach Hause und hoffentlich sehen wir uns bei einer
der nächsten Veranstaltungen des Seniorenbeirates wieder.“
Text: Kurt Wacker